Fleischermeister Sten Höhl rühmt sich, die kleinste Metzgerei Deutschlands zu haben. Im sächsischen Brandis, kurz hinter Leipzig, nennt er drei Meter Theke sein Eigen. Und diese drei Meter Theke sind sein Leben, damit ernährt er seine Familie und damit macht er eine stetig wachsende Zahl von Kunden glücklich. Denn was in diese Theke rein kommt, trägt ausnahmslos das Markenzeichen HÖHL.
Doch es war alles mal ganz anders
Die Fleischerei Höhl war einst ein Unternehmen mit über einer Millionen Jahresumsatz, ein Fleischhandel. Die kleine Metzgerei in der Leipziger Straße eher Nebensache. Der Junior zerlegt wie am Fließband und fährt auch noch die Ware aus, arbeitet von morgens bis abends. Als der junge Meister dann 2011 den Betrieb übernimmt, stellt er alles auf den Kopf. Die erste Aktion des neuen Betriebsinhabers lautet: Abschaffung des Großhandels. „Ich bin mit Leib und Seele Fleischer und kein Fließbandzerleger und schon gar kein Fahrer“, sagt er von sich.
Die Folgen sind nicht überraschend
… aber schmerzhaft. Der Umsatz des Unternehmens, dessen Ertragslage der neue Inhaber schon vor der Übernahme „keine rosige“ nennt, sackt auf die Hälfte ab. Die Schuldenlast steigt. Die plötzliche Konzentration auf das kleine Ladengeschäft hat der Kunde noch nicht zur Kenntnis genommen. Doch Sten Höhl steht in seiner winzigen Wurstküche und kreiert neue Wurstsorten und neue Produkte. Er ist in seinem Element. Seine Meisterprüfung hat er im Jahr 2000 als Jahrgangsbester abgeschlossen. Zum Betriebswirt des Handwerks wurde er in der Abendschule. Seine Frau ließ er kurzerhand noch eine Ausbildung zur Fachverkäuferin machen. Auch sie schließt mit Bestnoten ab. Der erste Verkaufsschlager in der 3-Meter-Theke wird „HackBack“, ein Hackbraten. Die Kunden lieben ihn.
Langsam geht es bergauf
Langsam merken die Kunden, in der kleinen Theke liegen Preziosen feinster Metzgerskunst, liegt geballte handwerkliche Kreativität. Und hinter der Theke stehen zwei Menschen, die alles geben, alles geben müssen. Sten Höhl ist ein Unikat, ein sächsisches Unikat. Bescheiden und doch ein bisschen göttlich. Und er ist der Herr der Lage. Jeden Morgen stellt er sich vor seine kleine Theke, die er mit akribischer Sorgfalt plant und einräumt. Gerne zitiert er dabei die Bibel: „Er betrachtete sein Werk und sah, dass es gut war.“
Ein bisschen verrückt
Seine Produkte heißen „Big Havanna“, „Crunchi Teewurst“ oder „Original Nicht-Thüringer Rostbratwurst“. Sein neuester Clou: „Pastrami di Ki Keri Ki“. Ein bisschen verrückt klingt das alles schon: die Produkte, die Geschichte, das Meistern des Sten Höhl. So verrückt, dass man sogar ein Buch daraus machen könnte. Genau das hat der findige Metzgermeister jetzt getan. Es trägt den Titel „Ertragsmaximierung in der Fleischerei“ und ist Band 1 der Reihe „Ist das Geschäft auch noch so klein…“. Ein Fachbuch zu erwarten, wäre Ironie. Es ist ein kleines Lesestück über das Leben für eine 3-Meter-Theke.
Licht aus!
Auf 33 Seiten versprüht der Fleischermeister mit lockerem Sprachwitz seine Tipps und Erfahrungen zum Kostensparen. Sein oberster Grundsatz lautet: Licht aus! Dahinter verbirgt sich jedoch nicht nur ein unbedingter Wille zum Stromsparen, sondern auch die Grundhaltung des heute erfolgreichen Metzgermeisters, denn Kosten können überall gespart werden, wenn man sich nur mal die Mühe macht, genau hinzuschauen. So nimmt der Autor die wichtigsten Kosten unter die Lupe, wirft aber ebenso einen Blick auf die Sortimentspolitik, den Thekenaufbau, die notwendige Werbung, unnötige Investitionen und nicht zuletzt auf die BWA.
Reduced to the max
Was das Büchlein so wertvoll macht, ist der Grundsatz der Reduktion, der in größeren Betrieben oft verloren geht. Seiner Devise treu bleibend hat Metzgermeister Höhl sein Werk nur als ebook im Kindle-Shop herausgegeben. Für ein paar Euro kann man es bei Amazon direkt auf seinen PC oder über die Kindle-App auch auf mobile Endgeräte downloaden.
