Digitale Welten

Die 17. Internet Days, ein Hexenhaus voller Kekse und Kirschstreusel

Eigentlich ist ja jeder Tag ein Internet Day, aber dieser hier war dann doch besonders. Eingeladen hatte die Paderborner Agentur code-x in die Produktions- und Schaustätte der Karlie Heimtierbedarf GmbH. Ein Reigen bunter Vorträge und ein nicht weniger buntes Buffet erwartete die rund vierzig Besucher in den sehenswerten Räumlichkeiten der Karlie GmbH.

Ostwestfalen vorn

2009 ins Leben gerufen, finden die Internet Days inzwischen drei- bis viermal im Jahr statt. Immer wechselt der Gastgeber und damit die Location, was der Veranstaltung einen ganz eigenen Charme gibt. Die Gastgeber sind stets Unternehmen aus Ostwestfalen, die, so ist es gewollt, sich selbst, das Unternehmen und ihre Internetaktivitäten präsentieren können. Nach der Begrüßung durch den Geschäftsführer der code-x GmbH, Stefan Freise, ward das Wort dann auch an Rainer Uhlhorn, den Geschäftsführer der Karlie GmbH, übergeben. Was 1976 in Paderborn als Pflegesalon für Hunde und Katzen und Tierpension begann, ist heute ein international agierendes Unternehmen mit 1.500 Mitarbeitern weltweit und Produktionsstandorten in Deutschland, China und Tschechien. Erfolgreich präsentiert sich Karlie inzwischen auch auf Facebook.

Der Germanist

Thomas Kilian von der Thoxan GmbH hat nicht nur einen Schrank voller Kekse zuhause, sondern auch wie ich einst Germanistik studiert. Zwei Dinge also, die ihn mir von Grund auf sympathisch machten, wäre da nicht sein heutiges Spezialgebiet, diese drei großen Buchstaben, die jedem ernsthaften Schreiberling das große P in den Pupillen aufleuchten lassen: SEO.

Tauben im Gras

Derweil ich mich frage, wie jemand, der einst abgetaucht in die Ilias, der das Hildebrandslied gesungen, der mit Walther uf eime Steine saz un bein mit beine dahte, der mit dem armen Heinrich gelitten, der auf dem Narrenschiff gesegelt, der des Simplicissimusses Abenteuer erlebt hat, der über Opitz, Klopstock und Gottsched geschwitzt hat, der mit Minna, Sara und Emilia ins Bett gegangen ist, der das Fluchen von Götz von Berlichingen gelernt hat, der mit Werther gestorben ist und mit Wilhelm Meister glücklich wurde, der Hyperions Schicksalslied vernommen, der die Musik beim alten Spielmann entdeckte, der Zarathustra sprechen hörte, der auf einem Schimmel über Deiche ritt, der die Ratten vor Sonnenaufgang hat nagen hören, für den Gregor Samsa nicht nur ein Käfer war, der bei Wienerwald nicht an halbe Hähnchen denkt, der hoch oben auf dem Zauberberg im Liegestuhle gelegen und Tadzios Schönheit am Strand bewundert hat, der auf Blech getrommelt und Tauben im Gras gefüttert hat und der mit Cotta ans Schwarze Meer gereist ist, um herauszufinden, wo Ovid gestorben ist, derweil ich mich also frage, wie so jemand SEO-Experte werden kann, redet er einfach schon drauf los.

Auf Blech getrommelt

Und das kann er. “Wie das Social-Web Ihr Google-Ranking beeinflusst.” Zunächst Aufräumen mit SEO-Mythen: Das mit den Metatags ist ein Märchen aus vergangenen Zeiten, Google ist nicht strunzdumm (quod esset demonstrandum) oder böse, “einfach nur” geht das schon mal gar nicht und Adwords hat keine Auswirkungen auf die organische Suche. Und dann die Aufforderung zum Mitschreiben, Kugelschreiber in der Hand (Edding wäre in Sachen SEO wahrscheinlich passender gewesen) schreibe ich brav auf: Profilierung, Sichtbarkeit, Kontinuität. Und damit stehen die Fragen aller Fragen im Raum: Wer bin ich? Was kann ich? Wo bin ich? Und: Finden Hänsel und Gretel den Weg? Die Antworten auf alle Fragen finden wir im Social SEO, Googles neuem Hexenhaus.

Recht im Netz

Inga Höfener ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Boden. Ihr Vortrag “Alles nur geklaut? – Copy & Paste im Spiegel des Rechts”, verweist einmal mehr auf die vielen Unsicherheiten mit dem Umgang von Texten und Fotos im Internet. Wie sind Urheberrecht, Nutzungsrecht und Persönlichkeitsrecht voneinander abzugrenzen? Wie zitiere ich richtig? Was ist zu tun, wenn der Urheber unbekannt ist? Darf ich alles verlinken? Wie war das mit dem Leistungsschutzrecht? Wem gehören die Fotos, die die Mitarbeiterin der Karlie GmbH für code-x mit Herrn Isings Kamera macht?

Zeit für das Mittagessen:

Hier bewies die Karlie GmbH hochkarätige Gastgeberqualitäten. Köstlich war es vom ersten bis zum letzten Bissen. Und hätten mich diverse Herren nicht die ganze Zeit so charmant vom Essen abgehalten, wäre vom Buffet ganz bestimmt nichts mehr übrig geblieben – und ich geplatzt.

Die Geschichte vom Schweinchen

“Content Management & Redaktionsplanung. Wie man Geschichten erzählt, plant und veröffentlicht.” Bevor Frank Michna von der MSWW PR-Agentur über Content Management berichtet, erzählt er eine Geschichte. Eine Geschichte von einem renommierten PR-Experten, der gerne mal offline ist und Trecker fährt. Das tut er up’n lanne, da wo die Welt noch in Ordnung ist, da, wo der Kuchen noch hausgemacht ist und die Welt sich ein bisschen langsamer dreht. Dort lässt er Schweinchen in kleine Tümpel springen – mit Anlauf – und trägt Latzhosen passend zur Farbe seines Treckers. Ein kleines Pläuschen mit dem Bauern, den man auf der Treckerrundfahrt trifft und schon ist sie erzählt: Frank Michnas Geschichte. Eigentlich könnte er seinen Vortrag jetzt beenden, denn längst hat er gezeigt, wie es geht: Geschichten erzählen und PR. Längst steht die Marke Frank Michna im Raum. Ein Mann, der weiß, worauf es ankommt: auf hausgemachten Kuchen und Gespräche auf dem Acker. Würden Sie diesem Mann Ihre Unternehmenskommunikation anvertrauen? Jederzeit. Natürlich überträgt er seine Strategie nun auch noch in die digitale Welt, findet auch dort Schweinchen und Bauern und nennt Social Media genau das, was es ist: Mittel zum Zweck. Denn Markenkommunikation funktioniert im Web nicht anders als sonst auch. Social Media ist kein Tanzsalon und Fans und Follower kein Klickvieh. Drum steht am Ende seines Vortrages auch eine Einladung und kein Adventskalender: “Wir sehen uns auf Facebook oder im kleinen Dorfcafe “up’n lanne” in Groß Aschen.”

Hausaufgaben machen!

Finale. Thorsten Ising von code-x über “Employer Branding im Web 2.0 – Wie Sie Ihre Arbeitgeber-Marke im Web aufpolieren.” Eigentlich haben ja seine Vorredner schon gesagt, wie es geht und wie man es richtig macht. Denn auch das Aufpolieren der Arbeitgeber-Marke ist letztendlich Markenkommunikation. Hier wie dort lassen sich die Möglichkeiten der eigenen Webseite sowie der verschiedenen Social Media-Kanäle hervorragend nutzen. Aber: “Machen Sie besser erst Ihre Hausaufgaben!” Zu sensibel ist das Thema und wenn die Schlüsselfaktoren für erfolgreiches Employer Branding im Unternehmen nicht vorhanden sind, sollte man auch nicht damit werben. Besser erst Herrn Ising fragen.

Mit dem abschließenden Klöppeln des eigenen Schlüsselanhängers in der Karlie-Produktion gehen gehalt- und genussvolle Internet Days zuende. Der aufmerksame Überschriften-Leser wird sich nun fragen: Und wo war jetzt der Kirschstreusel? Tja, den hab ich gegessen, während Herr Ising redete. Genuss pur!

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